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„Wenn ich mich erinnere, habe ich die Bilder alle noch vor mir“

| Geschichten | | Amerikaner Kriegsende

Zu den ersten Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die sich am Projekt „Fulda erzählt“ des Vonderau Museums beteiligt haben, gehört Gertrud Rübsam.

1936 in Fulda geboren, wuchs sie im Elternhaus in der Maberzeller Straße auf. Ab 1951 absolvierte sie eine dreijährige Lehre zur Schneiderin und arbeitete anschließend als Verkäuferin in einem Fuldaer Sporthaus, bis sie im Alter von 24 Jahren die Ehe einging. Die heute 83-Jährige, die mit ihrem Mann in Fulda lebt und zwei erwachsene Kinder hat, sprach unter anderem über die Erlebnisse ihrer Erstkommunion im Jahr 1945.

Am 8. April 1945, acht Tage, nachdem die Amerikaner in Horas einmarschiert waren, feierten Jungen und Mädchen der Jahrgänge 1935 und 1936 das Fest ihrer ersten heiligen Kommunion – unter ihnen auch die damals Achtjährige. „Da war ich Erstkommunionkind“, sagt Gertrud Rübsam und zeigt dabei auf ein Foto, auf dem sie als Kind mit weißem Kleid, Kerze und Gotteslob zu sehen ist. Das Bild wurde allerdings, weil es die Verhältnisse zunächst nicht zuließen, erst nachträglich angefertigt – auf besonderen Wunsch ihrer Mutter.

„Wir hatten wenig zu essen, es gab Lebensmittelkarten“, berichtet sie von jener Zeit des Mangels und der Not. Einen Tag vor dem Weißen Sonntag sei ihr Vater noch mit dem Fahrrad nach Maberzell gefahren und habe von dort einen Eimer Milch mitgebracht, aus der dann das Mittagsmahl für das Fest zubereitet wurde.

Nachdem am Karfreitag 1945 die Brücke von der Maberzeller Straße nach Horas zerstört worden war, wurden kurz darauf behelfsmäßig dicke Holzbohlen über die Fulda gelegt, um die jeweils gegenüberliegende Uferseiten erreichen zu können. Über diese Verbindung gelangten auch das Kommunionkind und seine Familie am Weißen Sonntag nach Horas auf ihrem Weg in die Kirche St. Bonifatius.

Gertrud Rübsam möchte ihre Kindheitserfahrungen auch deshalb teilen, um Jugendlichen von heute einen Eindruck von den späten Kriegs- und frühen Nachkriegsjahren zu geben, in denen sie aufgewachsen ist. „Damals haben uns die Amerikaner von einem Trauma befreit“, erklärt sie. Denn endlich sei die Angst vor Bomben vorbei gewesen. Und natürlich kann sich die Fuldaer Zeitzeugin noch gut daran erinnern, wie sie und andere Kinder die amerikanischen Soldaten auf der Straße ständig nach Süßigkeiten gefragten. Nachdem das Schuljahr 1944 ausgefallen war, konnte sie ab 1945 endlich wieder die Volksschule in Horas besuchen und machte sich wie viele ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler in Holzpantoffeln auf den Weg dorthin. „Wenn ich mich erinnere, habe ich die Bilder alle noch vor mir“, sagt Gertrud Rübsam. Und es ist ein Gewinn für alle geschichtlich Interessierten, dass sie diese Erinnerungen im Rahmen des Zeitzeugenprojekts „Fulda erzählt“ mit anderen teilt.

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